Zur Karriere von Alexander Van der Bellen

Welche waren die wesentlichsten Stationen Ihrer Karriere?


Nach meinem Studium war ich von 1968 bis 1976 Assistent am Institut für Finanzwissenschaften der Universität Innsbruck. Diese Zeit wurde von 1972 bis 1974 durch ein Research Fellowship am internationalen Institut für Management und Verwaltung im Wissenschaftszentrum in Berlin ergänzt.

Ich habilitierte mich 1975 für Finanzwissenschaft und wurde 1976 zum außerordentlichen Universitätsprofessor in Innsbruck ernannt. Von 1977 bis 1980 war ich an der Verwaltungsakademie des Bundes in Wien tätig, bevor ich 1980 zum ordentlichen Universitätsprofessor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Wien berufen wurde. Dort übte ich von 1990 bis 1994 auch die Funktion des Dekans bzw. stellvertretenden Dekans an der Sozialwissenschaftlichen Fakultät aus.

Meine Forschungsschwerpunkte lagen stets auf Planungs- und Finanzierungsverfahren im öffentlichen Sektor – dazu zählen Kosten-Nutzen-Analysen, Infrastrukturfinanzierung, Steuerpolitik, öffentliche Unternehmen sowie Verkehrs- und Umweltökonomie.

Im November 1994 begann mein Weg in der aktiven Politik als Abgeordneter zum Nationalrat im Klub der Grünen. 1997 wurde ich zum Bundessprecher der Grünen gewählt. Am 4. Dezember 2016 folgte der Höhepunkt meiner politischen Laufbahn mit der Wahl zum Bundespräsidenten der Republik Österreich.

Zum Erfolg von Alexander Van der Bellen

Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?


Erfolg bedeutet für mich, das zu erreichen, was man sich als Ziel vorgenommen hat – auch wenn sich manchmal nicht genau das einstellt, was man sich ursprünglich vorgestellt hat. Erfolg ist nicht unbedingt mit Geld zu messen, aber es ist zweifellos beruhigend, wenn man aus der Situation herauswächst, in der man jeden Schilling umdrehen muss.

In der Wissenschaft ist es ein klarer Erfolg, eine Professur zu erhalten. Dabei muss man aber auch sehr viel Glück haben, da es wesentlich mehr Bewerber als Positionen gibt. In der Politik ist es ein Erfolg, wenn die Partei einen Stimmenzuwachs verzeichnen kann. Es wäre ein Erfolg, wenn sich Österreich zu einem aufgeklärten und sozialbewussten Land entwickeln würde und nicht ein Land bleibt, das von kleinkrämerischen Interessen dominiert wird. Der Erfolg in der Politik ist nicht nur in Stimmen, sondern auch an der allgemeinen Atmosphäre im Land spürbar.

In der Wissenschaft gilt man als [im höchsten Maße] erfolgreich, wenn man den Nobelpreis bekommt oder jedes Jahr drei Artikel in den weltbesten Zeitschriften publiziert. Diesen Erfolg habe ich nicht und werde ich auch nicht haben. In beschränktem und bescheidenem Rahmen bin ich in der Wissenschaft aber doch erfolgreich. Seit einiger Zeit ist bei mir auch die Politik dazugekommen.

Es schadet natürlich nicht, wenn man in die Wissenschaft und in die Politik eine gewisse Intelligenz mitbringt, aber viele in der Politik haben es auch ohne akademische Ausbildung geschafft. In der Politik braucht man eher ein Gespür für Menschen und Problemstellungen. In beiden Fällen – Wissenschaft und Politik – braucht man Glück. Das bedeutet, dass im richtigen Moment Dinge passieren, auf die man keinen Einfluss hat, die man dann aber gleich nutzen muss. Mein Glück in der Wissenschaft war, dass mein Vorgänger ein Angebot aus Bonn annahm und dadurch seine Stelle frei wurde.

Bei jeder Entscheidung geht man von der Vergangenheit aus, wie jemand war, und nicht von der Zukunft, wie jemand wird. Das macht verschiedene Nominierungen nicht gerade einfach.


Welche Anerkennung haben Sie erfahren?


In der Wissenschaft erfuhr ich Anerkennung zumeist verbal, durch Gespräche mit einem eingeschränkten Kreis von Kollegen. In der Politik kommt die Anerkennung – oder das Gegenteil – oft aus den Medien, die unberechenbar sind. Die eigenen Leute in der Partei äußern ihre Meinung aber klar und deutlich.


Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat?


Meine Eltern. Sie gaben mir viel Wärme und brachten mir Pflichtgefühl bei, aber auch das Gefühl der Zweifelhaftigkeit von Bindungen, das Gefühl des Provisoriums. Sie waren Emigranten und dachten, dass sie auch wieder gehen würden, wenn sich die Situation ändert.


Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?


Die Familie ist ein Sicherheitsnetz, das in psychologischer und finanzieller Hinsicht nicht leicht ersetzt werden kann. Eine gut funktionierende Familie ist etwas Schönes.

Für die Karriere kann die Familie jedoch ein störender Faktor werden. Man macht Karriere meistens zwischen 30 und 40 Jahren, und wenn man verheiratet ist und Kinder hat, führt das unvermeidlich zu einem Zeitproblem. Ein erheblicher Teil meiner Karriere ist zu Lasten der Familie gegangen. Aber man sollte nicht eitel sein und im Nachhinein sagen: Es wäre besser gewesen, wenn ich mehr Zeit der Familie gewidmet hätte. Man weiß nie, wofür es gut war; man kann nur das Ergebnis und nicht die Entwicklung messen.

Ich habe in jungen Jahren meinen Weg definiert und bin dann diesen Weg gegangen. Meine Prioritäten haben sich im Laufe der Zeit nicht geändert. Was sich änderte, ist die innere Einstellung. Heute wäre ich nicht mehr bereit, hohe Risiken zu Lasten Dritter einzugehen und würde genauer überlegen, ob sie den Preis wert sind.


Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?


Wenn ich aus der aktiven Rolle der Partei zurücktrete, möchte ich eine stabilere, attraktivere und regierungsfähigere Grüne Partei hinterlassen.


Ihr Lebensmotto?


Mir gefällt der Spruch des berühmten Komikers der 30er Jahre, W. C. Fields, der für seine bitter-zynischen Bemerkungen bekannt war: "Wer Hunde und Kinder schlägt, kann kein ganz schlechter Mensch sein." Der Sinn dieses Satzes bedeutet für mich, dass man Werte durch Kontraste hervorheben kann, indem man das Gegenteil davon sagt, was erwartet wird.