Zur Karriere von Peter Michael Lingens

Welche waren die wesentlichsten Stationen Ihrer Karriere?
Im Anschluß an die Matura und meinen Militärdienst arbeitete ich zwei Jahre als Redakteur bei der Arbeiter-Zeitung. Nach einem kurzen Zwischenspiel in einem Institut für Markt- und Motivforschung in München, das ein Zeitungsprojekt entwickelt hatte, kehrte ich Anfang der sechziger Jahre nach Österreich zurück, wo ich als Gerichtssaalberichterstatter für den Kurier tätig war. Für diese Arbeit erhielt ich auch den Dr.-Karl-Renner-Förderungspreis für Publizistik - der Hauptpreis ging damals an Hugo Portisch. Ich war ein junger, aufstrebender Redakteur, der es beim Kurier jedoch nicht wirklich zu etwas gebracht hatte, so wurde ich etwa beim Wechsel des Lokalchefs Reinhard Hübl zur Kronen Zeitung nicht mit seiner Nachfolge betraut. In dieser Phase wandte sich mein Jugendfreund Oskar Bronner an mich und schlug mir vor, mit ihm das neugegründete Wirtschaftsmagazin Trend zu leiten. Ich lehnte ab, da ich gerade geheiratet hatte und Vater geworden war und mich in dieser Situation nicht auf ein solches Abenteuer einlassen konnte. Mit der Zeit funktionierte diese Zeitschrift. 1970 kam Bronner ein zweites Mal auf mich zu, diesmal mit dem Projekt einer politischen Zeitschrift. So wurde ich 1970 zum Chefredakteur des im selben Jahr gegründeten profil bestellt, das zunächst eine belächelte, rasch gefürchtete, aber wirtschaftlich weniger erfolgreiche Publikation war. Es dauerte auch eine Weile, bis wir wirtschaftlich denselben Erfolg wie bei den Lesern erzielten. Nach dem Ausscheiden von Oskar Bronner fungierte ich bis 1987 als Chefredakteur und Herausgeber des profil. Die heutige Auflage liegt unter jener, die wir damals erzielen konnten. Nach einer gewissen Zeit als freier Journalist wurde ich mit der Aufgabe betraut, die damalige Wochenpresse zu einem wirtschaftlichen Wochenmagazin umzugestalten. Für diese Arbeit erhielt ich den Czipin-Preis, den Medienpreis der Wirtschaftsuniversität Wien. Die Wochenpresse wurde in der Folge zur Hälfte vom Holtzbrinck-Verlag gekauft, und man versuchte, daraus eine österreichische Ausgabe der deutschen Wirtschaftswoche zu machen. 1993 wechselte ich in die Chefredaktion des Standard, doch aufgrund von Meinungsverschiedenheiten mit Oskar Bronner verließ ich diese Zeitung wieder. Dann kam die Affäre Kalal, die mich vor Gericht brachte, jedoch mit zwei Freisprüchen endete. Zu dieser Zeit fungierte ich als Gastprofessor an der Europäischen Journalismusakademie der Donau-Universität Krems. Ich war Kolumnist der Presse und wechselte schließlich „nach Hause“, zurück zum profil, wo ich derzeit eine Kolumne verfasse. Die von mir ins Leben gerufene Kinderzeitschrift Topic, die sich an die 12- bis 14-jährigen wendet, ist mit 120.000 Abonnenten zu einem kleinen Riesen geworden. Heute ist diese Zeitschrift meine wirtschaftliche Basis, darüber hinaus schreibe ich an zwei Büchern, für die sich bis jetzt jedoch noch kein Verlag gefunden hat.

Zum Erfolg von Peter Michael Lingens

Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
In erster Linie freut es mich, etwas zu tun - ganz unabhängig vom finanziellen Erfolg. Das kann sowohl das Bauen von Häusern in Spanien sein, als auch der Antiquitätenhandel oder das Verfassen von Artikeln.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Man kann vielleicht sagen, daß ich erfolgreich gewesen bin, ja.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Zunächst war sicherlich Glück ein nicht unwesentlicher Faktor. Hätte Oskar Bronner mich damals nicht aufgenommen, wäre ich vielleicht doch irgendwann Lokalchef beim Kurier geworden. Es war Glück, daß jemand auf mich stieß, der von meinen Qualitäten überzeugt war. Ich verfüge wohl auch über sprachliches Talent und einen relativ hohen IQ und sehe mich als sehr analytischen Menschen, der über eine reiche Phantasie verfügt. Schließlich bin ich auch ein unglaubliches Arbeitstier, das mit einer enormen Konzentrationsfähigkeit ausgestattet ist.
Ab wann empfanden Sie sich als erfolgreich?
Ab dem Jahr 1973, nach drei Jahren beim profil, fühlte ich mich erfolgreich. Vor allem das Echo der Leser war eine unglaubliche Anerkennung.
In welcher Situation haben Sie erfolgreich entschieden?
Es war eine erfolgreiche Entscheidung, das Risiko einzugehen und den Sprung zum profil zu wagen.
Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat?
Hugo Portisch, ein großartiger Mensch und glänzender Journalist, war mir ein wichtiges Vorbild. Ich möchte auch Reinhard Hübl nennen, der mir als Journalist imponierte, und Matthias Walden, der damals für Die Welt schrieb, und dem ich sehr nacheiferte. Oskar Bronner war mein Entdecker und Förderer. Einfluß auf meine Tätigkeit hatte auch Simon Wiesenthal, mit dem ich häufig zusammenarbeitete.
Welches Problem scheint Ihnen in Ihrer Branche als ungelöst?
In Österreich - und nur hier kenne ich mich gut aus - ist es der Umstand, daß alle Zeitungen mit Ausnahme der Kronen Zeitung am Hungertuch nagen. Dies bedeutet, daß heimische Journalisten viel zu wenig Zeit zum Lesen und Recherchieren haben, auch bei den sogenannten „Qualitätszeitungen“. Dieses finanzielle Problem zieht viele andere nach sich.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Ich frage mich manchmal, ob es das wert war. Ich habe meine Kinder - vor allem während meiner Zeit beim profil - kaum aufwachsen gesehen.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
Man sollte jenen Beruf ergreifen, den man wirklich ausüben möchte, unabhängig davon, ob er als aussichtsreich gilt oder nicht. Es ist zudem wichtig, sich bietende Chancen wahrzunehmen und im Zweifelsfall auch ein gewisses Risiko einzugehen.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Ich möchte mit meiner Frau weiterhin ein glückliches Leben führen und wünsche mir, daß mein jüngster Sohn seine Matura und sein Studium gut absolviert.

Wir Tennisnarren, 1985
Auf der Suche nach den verlorenen Werten in Politik, Kultur, Moral und Gesellschaft, Pabel/Moewig, Rastatt 1986
Begegnungen, Kremayr & Scheriau 1995
Wehrloses Österreich? Neutralität oder Nato. Alternativen in der Sicherheitspolitik, Molden 2002